Warum ist eine Krisenfrüherkennung wichtig?

Krisen können eine existenzbedrohende Situation für Unternehmen darstellen. Um negative Folgen für das Unternehmen zu vermeiden, ist es wichtig, rechtzeitig, schnell und mit den richtigen Instrumenten zu reagieren. Eine Krisenursache sollte daher frühzeitig erkannt und beseitigt werden. Durchschnittlich liegt die Krisenreaktionszeit von Unternehmen bei 20 Monaten bis mit der Krisensanierung begonnen wird[1]. Ursächlich dafür ist, dass die Manager*innen keine Kenntnis einer bestehenden Krise in ihrem Unternehmen haben. Der Grund ist: Krisenmerkmale werden gar nicht oder nicht ausreichend analysiert. Einige Merkmale werden im folgenden Abschnitt beschrieben.

Merkmale, die dazu dienen, eine Krise frühzeitig zu erkennen

Für den Sanierungserfolg ist es von großer Bedeutung, dass Krisensituationen frühzeitig erkannt und die Krisenursachen rechtzeitig behoben werden. Die Krisenfrüherkennung und das Wissen darüber welches Krisenstadium erreicht ist, ist wichtig, um die richtigen Sanierungswerkzeuge zu finden[2]. Was zunächst relativ einfach klingt, ist jedoch in der Praxis schwierig umzusetzen.

Die Probleme stellen sich in hoher Komplexität dar, zudem spiegeln sich die Warnsignale in den Anfangsstadien des Krisenbeginns nur in einer schwachen Ausprägung wider[3]. Darüber hinaus begründet sich die Misslage meist auf diverse Ursachen, weshalb mehrere Unternehmensbereiche betroffen sein können, weshalb eine Identifikation erschwert ist[4].

Einige Krisenmerkmale stellen sich wie folgt dar:

  • Konflikte zwischen den Stakeholdern: Uneinigkeit und Blockaden auf der Managementebene
  • Fehlendes Leitbild: kein eindeutig definiertes strategisches Leitbild
  • Produktportfolio Anforderungen: unzureichende Innovationspolitik, Fehlinvestitionen
  • Verlust von Marktanteilen: sinkende Nachfrage nach den Produkten
  • Reinvermögensdefizite: nicht genügend Eigenkapitaldeckung
  • Fehlkalkulationen: Preise decken die Ist-Kosten nicht
  • Qualitätsmängel: Rückmeldungen von Kunden
  • Rechtliche Veränderungen: Risiken bei Betriebsgenehmigungen, Risiken im internationalen Handel
  • Rohstoffmangel: fehlende oder fehlerhafte Rohstoffe
  • Liquiditätsschwierigkeiten: z. B. durch zu viele Außenstände, hohe Kapitalbindung

Häufige Krisenursachen:

  • Managementfehler: Fehlplanungen, Verschwendung, Spekulationen oder Führungsmangel
  • Strategische Fehler: in Planung, Steuerung, Kontrolle und nicht wahrgenommenen Erfolgspotentialen
  • Institutionelle Fehler: Wahl der Rechtsform, fehlende Strategie, organisatorische Probleme und zwischenmenschliche Differenzen
  • Exogene Ursachen: Rechtliche Veränderungen, auftretende Rohstoffmängel, Marktveränderungen, steigende Wettbewerbsintensität, Konjunktureinflüsse
  • Operative Fehler: in Absatz, Produktion oder Preisgestaltung
  • Endogene Ursachen: misslungene Markenpolitik, Fehler in Steuerungssystemen und -instrumenten, unzureichende Umfeldanalyse, falsch verstandene Produktanforderungen, Fehler in der Produktentwicklung, nicht wettbewerbsfähige Produkte; der Absatz bleibt hinter den Erwartungen zurück
  • Finanzwirtschaftliche Ursachen: unerwarteter Einnahmeausfall, mangelnde Koordination der Finanzen oder eines unerwarteten Ausgabenanfalls

Diese Unzulänglichkeiten manifestieren sich dann schnell in einer für das Unternehmen kritischen Situation. Krisen sind ungeplante Prozesse, die über einen kurzen Zeitraum stattfinden und auf die die handelnden Personen zu diesem Zeitpunkt nur wenig Einfluss haben. Zudem besteht eine anhaltende Gefährdung des Fortbestands des Unternehmens, die sich auf wesentliche operative Teile des Unternehmens auswirkt.

Die zuvor beschriebenen Ursachen und Merkmale können in Krisenstadien eingeteilt werden. In der Praxis hat sich der Standard des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW) als Krisenerkennungswerkzeug etabliert. Nach dem IDW S6 existieren sechs Krisenstadien, diese sind:

Krisenstadien nach IDW S6

Stakeholderkrise

  • Strategiekrise
  • Produkt- und Absatzkrise
  • Erfolgskrise
  • Liquiditätskrise
  • Insolvenz

Jedes Krisenstadium hat nach dem IDW einige, auf sie eigens zugeschnittene Werkzeuge zur Bewältigung. Seien es die Entwicklung neuer Erfolgspotentiale, einer Liquiditätszuführung, Vertrauensbildung gegenüber den Stakeholdern oder Anpassungen im Bereich der Rechtsform des Unternehmens[5].

Festzuhalten ist, dass Krisen eine existenzbedrohende Situation für Unternehmen darstellen können, auf die rechtzeitig, schnell und mit den richtigen Werkzeugen reagiert werden muss, um negative Folgen für das Unternehmen zu vermeiden.

[1]Roselieb, F., (2004), S. 16 ff.
[2]Cezanne, (1999), S. 21.
[3]Müller, (2010), S. 11
[4]Behringer, (2016), S. 20
[5]IDW S6 (2012)