Präventiver Restrukturierungsrahmen

Präventive Restrukturierung durch das außerinsolvenzliche Sanierungsverfahren – StaRUG

Die Pandemie verfolgt uns nun schon seit geraumer Zeit. Die Wirtschaft leidet, und ein Ende ist nach wie vor nicht in Sicht. Trotzdem sind die Zahlen an Insolvenz- und Sanierungsfällen auf einem Rekordtief. Dies liegt zum einen an einem zum Teil fehlerhaften Verständnis über die temporäre Aussetzung der Insolvenzantragspflicht und zum anderen an den umfänglichen staatlichen Hilfen zur Linderung der für die Wirtschaft schmerzhaften Folgen der Pandemie.. Die meisten staatlichen Hilfen beruhen allerdings auf „geliehenem“ Geld, dass irgendwann zurückgezahlt werden muss. Indikatoren und Kennzahlen sprechen dafür, dass uns eine Pleitewelle nicht erspart bleiben wird, mag sie auch weniger heftig und eher zeitlich gestreckt über uns hineinbrechen. Die Gefahr war durch diese Hilfen aber nicht behoben, sondern es wurde lediglich Zeit gewonnen. Eine Anschlusslösung musste her, um einerseits im Kern gesunde Unternehmen nicht ohne Not in die Insolvenz zu treiben, andererseits zu verhindern, dass nicht (mehr) marktfähige Unternehmen – schlagwortartig als „Zombie-Unternehmen“ bezeichnet – künstlich am Leben erhalten werden.

Der Gesetzgeber hat reagiert und in bemerkenswert kurzer Zeit mit dem Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (SanInsFoG) ein umfängliches Gesetzeswerk geschaffen, dass zum 01. Januar 2021 in Kraft getreten ist. Dieses verbindet den im nationalen Konjunkturpaket verankerten Auftrag, zur Bewältigung der wirtschaftlichen Folgen der COVID-19-Pandemie ein insolvenzvermeidendes Restrukturierungsverfahren zu schaffen mit der Umsetzung der EU-Richtlinie 2019/1023, um einen „präventiven Restrukturierungsrahmen“, also ein außerinsolvenzliches Sanierungsverfahren, zu schaffen.

Im Rahmen einer Restrukturierungsberatung und Sanierungsberatung kann die plenovia Sie hierbei unterstützen.

Das SanInsFoG besteht aus einer Vielzahl von Einzelgesetzen. Die wichtigsten davon sind:

1. Unternehmensstabilisierungs- und ‑restrukturierungsgesetz (StaRUG)

Unter dem Leitgedanken einer „zweiten Chance“ sollen sich wirtschaftlich bedrohte Unternehmen zur Vermeidung eines Insolvenzverfahrens restrukturieren können, indem sie sich im Rahmen eines Gesamtkonzeptes mit einer qualifizierten Mehrheit ihrer Gläubiger auf Sanierungsbeiträge verständigen.

Dies war im Rahmen eines Insolvenzplanverfahren in Eigenverwaltung (ESUG) auch bislang schon möglich, allerdings nur innerhalb eines Insolvenzverfahrens

Eine Besonderheit der außerinsolvenzlichen Sanierung nach dem StaRUG besteht darin, dass es – anders als beim ESUG – nun möglich ist, sich nicht mehr mit allen, sondern nur mit ausgesuchten Gläubigern oder Gläubigergruppen außerhalb eines Insolvenzverfahrens zu einigen.

Eine bilaterale, allseitige Verständigung zwischen einem Schuldnerunternehmen oder Unternehmer und seinen Gläubigern lässt unser Rechtssystem im Rahmen der Privatautonomie jederzeit zu. Dies wird künftig durch ein neues Sanierungsmoderationsverfahren noch zielgerichteter und strukturierter erfolgen können.

Wie verhält es sich aber, wenn ein oder mehrere Gläubiger sich einer mehrheitlich gewollten Sanierung aus oftmals sachfremden Gründen versagen? In diesem Fall konnte der Schuldner bislang nur darauf verwiesen werden, eine zwangsweise Einbindung opponierender Gläubiger im Rahmen eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung (ESUG) zu versuchen. Nunmehr werden mit dem StaRUG Verfahrenshilfen geschaffen, mittels derer eine gläubigerseits mehrheitlich unterstützte Sanierung gegen den Widerstand einer Minderheit von Beteiligten auch außerhalb eines Insolvenzverfahrens durchgesetzt werden kann.

Künftig wird dem Management allerdings noch mehr abzuverlangen sein, sich im Rahmen eines Frühwarnsystems regelmäßig über die wirtschaftliche Lage des Unternehmens informiert zu halten und bei Krisenanzeichen gegenzusteuern. Werden diese Pflichten vernachlässigt, droht persönliche Haftung.

Stellt die Geschäftsleitung eine drohende, aber noch nicht eingetretene Zahlungsunfähigkeit fest, kann sie auf der Grundlage eines Restrukturierungsplans eine Verständigung mit allen oder nur ausgesuchten Gläubigern suchen. Im Zuge dessen können auch Sicherungsrechte von Gläubigern restrukturiert und umgestaltet werden. Ein Eingriff in Zahlungsansprüche aus Arbeitsverhältnissen oder Pensionszusagen scheidet allerdings aus. Dies ist nur im ESUG-Verfahren möglich.

Maßgeblich ist, dass bei Abstimmung über den Plan die Mehrheit der gebildeten Gläubigergruppen mit jeweils 75 Prozent der vertretenen Forderungen zustimmen.

Grundsätzlich kann das Verfahren ganz ohne gerichtliche Beteiligung auskommen. Bei Inanspruchnahme besonderer Verfahrenshilfen bedarf es allerdings gerichtlicher Entscheidungen. So kann das Gericht zum Schutz des Schuldnerunternehmens für die grundsätzliche Dauer von drei Monaten Vollstreckungs- und Verwertungsverbote anordnen oder die Zustimmung ablehnender Gläubiger(gruppen) ersetzen, wenn diese mit der Planlösung nicht schlechter gestellt werden als ohne sie. Auch kann die Planabstimmung und dessen Bestätigung dem Gericht angetragen werden.

Tritt während des Verfahrens Zahlungsunfähigkeit ein, obliegt es dem Gericht zu entscheiden, das Restrukturierungsverfahren aufzuheben oder fortzusetzen.

Ferner fällt es in die gerichtliche Zuständigkeit, in bestimmten Fällen einen Restrukturierungsbeauftragten zur Unterstützung und/oder Kontrolle des Schuldners zu bestellen. Auf dessen Auswahl kann der Schuldner maßgeblichen Einfluss nehmen.

2. Änderungen der Insolvenzordnung

Die im Rahmen des ESUG bestehenden Sanierungsoptionen der Insolvenzordnung werden mit dem Ziel fortentwickelt, betroffenen Unternehmen unter verstärkter Wahrung von Gläubigerrechten die Möglichkeit einer Eigensanierung zu schaffen. Künftig wird diese Sanierungsoption allein solchen Unternehmen vorbehalten bleiben, die das Eigenverwaltungsverfahren sorgfältig und gewissenhaft vorbereiten und betreiben. So muss bereits mit Antragstellung ein Finanzplan für die nächsten sechs Monate sowie ein Grobkonzept vorgelegt werden.

In Konsequenz dessen besteht künftig ein Anspruch auf ein erläuterndes Vorgespräch mit dem Gericht. Zahlungsrückstände ggü. Arbeitnehmern, Finanzamt, Sozialkassen oder Lieferanten können ebenso zum Verfahrensausschluss führen wie die Vernachlässigung von Buchführungspflichten. Der Insolvenzgrund der Überschuldung wird konkretisiert, um den Schuldner aus dem Abgrenzungsdilemma zwischen dem Insolvenzgrund der Überschuldung (Antragspflicht) und der drohenden Zahlungsunfähigkeit (Antragsrecht, aber keine Antragspflicht) zu befreien. Umsatzsteuerverbindlichkeiten werden nunmehr auch im Eigenverwaltungsverfahren zugunsten des Fiskus privilegiert.

3. Digitalisierung

Zur Effektuierung der insolvenzrechtlichen und restrukturierungsrechtlichen Verfahren soll der Einsatz elektronischer Kommunikationsmittel gefördert werden. Dazu gehören die Ermöglichung virtueller Gläubigerversammlungen im Insolvenzverfahren und Erleichterungen bei der Forderungsanmeldung (Art. 5 Nr. 20) sowie die Verpflichtung der Verwalter zur Führung eines elektronischen Gläubigerinformationssystems (Art. 5 Nr. 5).

4. Ergänzungen des COVInsAG

Dem Umstand Rechnung tragend, dass viele Unternehmen infolge der teilweise drastischen Umsatzeinbrüche während der Pandemie-Phase in eine ernsthafte Krise geraten oder gar insolvenzreif geworden sind, werden Zugangshürden zu den Sanierungsoptionen innerhalb oder außerhalb einer Insolvenz temporär herabgesetzt. Im Zuge dessen soll der für die Prüfung und Feststellung einer Überschuldung maßgebliche Prognosezeitraum bis 31.12.2021 auf bis zu vier Monate verkürzt werden.

Die allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen geltende Aussetzung der Insolvenzantragspflicht für Covid 19-geschädigte Unternehmen wurde zuletzt bis zum 30.04.2021verlängert. Eine weitere Verlängerung ist nicht erfolgt. Das heißt, dass die Geschäftsleitung von Unternehmen, die bereits seit Mitte April zahlungsunfähig oder überschuldet sind bzw. dies künftig werden, wieder zwingend einen Insolvenzantrag stellen müssen, um zivil- und strafrechtlicher Haftung zu entgehen.

Ob ein vorinsolvenzliches Sanierungsverfahren nach dem StaRUG erfolgreich ist, wird in hohem Maße davon abhängen, dass es gelingt, die beteiligten Gläubiger von der Sanierung zu überzeugen. Möglich und realistisch ist dies mit einem belastbaren Sanierungskonzept, das auf einer verlässlichen integrierten Unternehmensplanung beruht. Und nicht nur im Rahmen einer Restrukturierungsberatung und Sanierungsberatung können wir Sie maßgeblich unterstützen!

Wir halten Sie auf dem Laufenden!

„Nutzen Sie unsere Erfahrung bei der Erstellung eines belastbaren Sanierungskonzeptes auf Basis einer integrierten Unternehmensplanung.“

Dr. Utz Brömmekamp,
Geschäftsführender Gesellschafter

„Nutzen Sie unsere Erfahrung bei der Erstellung eines belastbaren Sanierungskonzeptes auf Basis einer integrierten Unternehmensplanung.“

Dr. Utz Brömmekamp,
Geschäftsführender Gesellschafter