Aufgrund der bestehenden Corona-Pandemie geraten Mandanten aktuell leicht in eine wirtschaftliche Schieflage. Aus der Fokussierung auf die operativen Krisensymptome resultiert dabei schnell, dass Mandanten die Unternehmenskrise zu spät erkennen und der Handlungsspielraum für die Ergreifung von Gegenmaßnahmen dann nur noch beschränkt ist.

Der beratende Steuerberater erkennt die Unternehmenskrise oftmals als erster und weist das Unternehmen auf diese hin. Wenn trotz Sanierungsbemühung der Turnaround nicht geschafft werden kann, verlieren Steuerberater häufig nicht nur das noch ausstehende Honorar, sondern – im Fall einer Liquidation/Insolvenz – auch das Mandat.

Neben diesen wirtschaftlichen Risiken des Honorarausfalls sollten beratende Steuerberater die eigenen zivilrechtlichen Konsequenzen nicht außer Acht lassen. Mit der Entscheidung des für das Insolvenzrecht zuständige IX. Senat des Bundesgerichtshofs (BGH) wurde am 26.01.2017 die Haftung für Steuerberater bei der Beratung von Krisenmandaten entscheidend verschärft.

Aus diesem Grund sollte es für Steuerberater von höchster Bedeutung sein, Unternehmenskrisen von Mandanten frühestmöglich zu erkennen. Denn nur so kann der Steuerberater das Fortbestehen des Mandatsverhältnisses sicherstellen und die eigenen haftungsrechtlichen Risiken minimieren.

Wie kann das Mandat langfristig gesichert werden?

Wie erkenne ich die Krise meines Mandanten?

Neben den aktuellen Auswirkungen aufgrund der Corona-Pandemie gibt es vielfältige Ursachen, die zu einer Unternehmenskrise führen können. Hierzu zählen beispielsweise digitalisierungsbedingte Veränderungen des Marktes, Gesetzesänderungen, Veränderungen in der Nachfrage oder hierauf nicht angepasste strategische Entscheidungen. Eine solche Krise des Mandanten bedeutet nicht automatisch, dass das Unternehmen liquidiert werden muss, allerdings nimmt mit Fortschreiten der Krise der Handlungsspielraum für die Ergreifung von Gegenmaßnahmen ab.

Aus diesem Grund ist es wichtig, dass Steuerberater sich schon frühzeitig einen Überblick darüber verschaffen, welcher Mandant als Krisenmandant einzuordnen ist. Zeitlich sollte dies bestmöglich bereits im September/Oktober eines Jahres erfolgen und damit rechtzeitig vor dem regelmäßigen Bilanzstichtag, dem 31.12. des Jahres.

Da nur die wenigsten Mandanten ein Früherkennungssystem etabliert haben, können Steuerberater eine systematische Einstufung ihrer Mandanten beispielsweise über Ratingnoten vornehmen. So kann sichergestellt werden, dass potenzielle Krisenmandanten rechtzeitig erkannt und proaktiv angesprochen werden können. Auch Buchhaltungssysteme und deren Auswertungen helfen dabei, ein Krisenmandat aufgrund von Kennziffern aus der Buchhaltung zu identifizieren.

Wie können Honorare gesichert werden?

Wenn der Steuerberater erkennt, dass sein Mandant sich in einer wirtschaftlichen Krise befindet, gibt es verschiedene Wege, seine eigene wirtschaftliche Situation zu sichern: Entweder er legt das Mandat nieder und verzichtet damit auf künftige Honorare, oder er entscheidet sich dazu, den Mandanten auch in der Krise zu unterstützen. In diesem Fall sollten die Honorare aber gesichert sein. Der sicherste Weg ist das sogenannte Bargeschäft nach § 142 InsO. Die Idee hinter dem Bargeschäft ist eine Zug-um-Zug-Abrechnung. Sofern diese rechtlich abgesichert ist, kann sie im Falle einer Insolvenz nicht angefochten werden. Hierfür stellt der Steuerberater seinem Mandanten jede geleistete Tätigkeit unmittelbar nach Erbringung in Rechnung. Zwischen der Leistung und der Bezahlung der Leistung sollte ein Zeitraum von weniger als 30 Tagen liegen.

Wie können Haftungen beschränkt werden?

Haftung wegen einer fehlerhaften Bilanzierung zu Fortführungswerten

Wenn der Steuerberater mit der Erstellung des Jahresabschlusses beauftragt wurde, hat er mit seinem Mandanten einen Werkvertrag nach § 631 BGB abgeschlossen. Wenn der Jahresabschluss angesichts einer bestehenden Insolvenzreife des Mandanten objektiv zu Unrecht zu Fortführungswerten aufgestellt wurde und objektiv und aus ex ante-Sicht mangelhaft ist, muss der Steuerberater für den hieraus entstandenen Schaden haften (§ 280 Abs. 1, § 634 Nr. 4, § 675 Abs. 1 BGB).

Ein Jahresabschluss ist dann objektiv und aus ex ante-Sicht mangelhaft, wenn er nicht den handelsrechtlichen Bestimmungen entspricht oder die Grenzen der zulässigen Gestaltungsmöglichkeiten überschreitet.

Handelsrechtlich ist der Jahresabschluss gemäß § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB unter going-concern-Prämissen, also unter Fortführung der Unternehmenstätigkeit, aufzustellen. Zu Fortführungswerten darf allerdings nur dann bilanziert werden, wenn die Fortführung der Unternehmenstätigkeit überwiegend wahrscheinlich ist und weder rechtliche noch tatsächliche Gegebenheiten gegen die Fortführung des Unternehmens sprechen. Der Betrachtungszeitraum ist hierbei das auf den Stichtag folgende Geschäftsjahr. Aus diesem Grund ist es für den Steuerberater unabdingbar, die Bilanzierung auf Basis der going-concern-Prämisse auf eine Fortführungsprognose zu stützen. Dabei ist er gesetzlich nicht dazu verpflichtet, von sich aus eine Fortführungsprognose zu erstellen und die hierfür erheblichen Tatsachen zu ermitteln.

Allerdings sollte hier aufgepasst werden: Wenn der Steuerberater dennoch erklärt, dass eine insolvenzrechtliche Überschuldung nicht vorliege, muss diese Aussage korrekt sein. Andernfalls haftet er der Gesellschaft (und möglicher Weise auch Dritten gegenüber) wegen der Folgen der durch diese Aussage bedingten verspäteten Insolvenzantragstellung.

Haftung des Steuerberaters wegen Verletzung einer Hinweis- und Warnpflicht

Selbst wenn der erstellte Jahresabschluss mängelfrei war, kann der Steuerberater aus §§ 280 Abs. 1, 675 Abs. 1 BGB haften, wenn er die Hinweis- und Warnpflichten gegenüber der Geschäftsleitung einer Kapitalgesellschaft verletzt hat. Immer dann, wenn der Steuerberater erkennt, dass ein Insolvenzantragsgrund vorliegt oder ernsthafte Anhaltspunkte für einen möglichen Insolvenzantragsgrund offenkundig sind und er annehmen muss, dass die mögliche Insolvenzreife dem Mandanten nicht bewusst ist, ist er verpflichtet, den Mandanten hierauf hinzuweisen.

Anhaltspunkte für das Vorliegen einer solchen Verpflichtung sind beispielsweise:

  • wiederholt ausgewiesene nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbeträge
  • das Vorliegen einer bilanziellen Überschuldung, wenn offenkundig ist, dass keine stillen Reserven vorhanden sind.

Es ist dabei nicht ausreichend, einen pauschalen Hinweis auf die generellen Pflichten der Geschäftsleitung zu erteilen, nach denen sie die Zahlungsfähigkeit bzw. das Vorliegen einer Überschuldung zu prüfen haben.

Bei Verletzung der Hinweispflicht haftet der Steuerberater für den Insolvenzverschleppungsschaden, der sich aus der Differenz der Vermögensmassen – bei aufgrund ergangenen Hinweises rechtzeitiger Insolvenzantragsstellung und tatsächlicher Antragstellung – ergibt.

Welche Maßnahmen können ergriffen werden, um die Haftung zu beschränken?

Wenn der Steuerberater bei einem Krisenunternehmen mit der Erstellung des Jahresabschlusses beauftragt wurde und Indizien dafür vorliegen, dass vom Fortführungsprinzip des § 252 HGB abzuweichen sein könnte, empfiehlt sich, folgende Maßnahmen zur Haftungsvermeidung umzusetzen:

  • Konkrete Hinweise und deren Dokumentation;
  • Erstellung einer Fortbestehensprognose und Dokumentation;
  • Prüfung vorliegender Fortbestehensprognosen und Dokumentation.

Konkrete Hinweise und deren Dokumentation

Wenn Zweifel an der Fortführungsfähigkeit des Unternehmens bestehen, muss der Steuerberater die Geschäftsleitung hierauf konkret hinweisen. Dies muss unter Benennung der gegen die Annahme der Fortführung sprechenden Indizien erfolgen. Dieser Hinweis sollte entsprechend dokumentiert und archiviert werden (Beispiel in Form von Kopien der entsprechenden Schreiben, Emails oder Aktenvermerken).

Hinwirkung auf die Erstellung einer Fortbestehensprognose und Dokumentation

Sofern sich die Zweifel weiter bestätigen, sollten Steuerberater auf die Erstellung einer insolvenzrechtlichen Fortbestehensprognose hinwirken. Auch dieser Hinweis sollte vom Steuerberater dokumentiert werden. Da mit zunehmendem Krisenverlauf auch die finanzierenden Kreditinstitute des Unternehmens eine Fortführungsprognose verlangen, ist es sinnvoll, dass die Fortführungsprognose direkt den Anforderungen des IDW Standards S 6 entsprechen. Hierbei ist es sinnvoll und ratsam, einen externen Dritten mit der Erstellung der Fortführungsprognose zu beauftragen. Denn wenn der sich bereits im Mandat befindliche Steuerberater die Erstellung übernimmt, kommen für ihn neue Haftungsrisiken auf. Darüber hinaus hat sich gezeigt, dass die anderen Beteiligten ein höheres Misstrauen gegenüber einer durch den Steuerberater erstellten Fortführungsprognose hegen.

Aus der Praxis empfiehlt es sich, die Frage des Erstellers der Fortbestehensprognose im Einvernehmen mit der Hausbank zu klären.

Prüfung vorliegender Fortbestehensprognosen und Dokumentation
Sofern eine Fortbestehensprognose durch einen externen Dritten erstellt wurde, müssen Steuerberater diese daraufhin überprüfen, ob sie offenkundig fehlerhaft ist. Ein reines Vertrauen auf die Richtigkeit bewirkt damit also keine Haftungsbefreiung. Im Zweifelsfall sollten Sie auf die Überprüfung durch einen externen Dritten drängen und auch hier wieder die Punkte dokumentieren.

Sofern die beschriebenen Maßnahmen umgesetzt werden, so kann das Haftungsrisiko für den Steuerberater im Rahmen der Erstellung des Jahresabschlusses bei einem Krisenmandat erheblich reduziert werden.

Fazit

Zusammenfassend ist festzustellen, dass der Steuerberater aufgrund seiner langjährigen beratenden Funktion bei einer Unternehmenskrise eine Schlüsselposition besetzt. Mit seinen Kenntnissen und Erfahrungen ist er ein unverzichtbarer Teil des Krisenbewältigungs-Teams. Gemeinsam mit einem fachkundigen Sanierungsberater müssen nachhaltige Sanierungsmaßnahmen definiert und umgesetzt werden. Nur wenn alle Beteiligten an einem Strang ziehen, kann das Unternehmen langfristig gerettet und das Mandatsverhältnis aufrechterhalten werden.

Gerade dann, wenn der Steuerberater an Bord bleibt, ist es unverzichtbar, dass seine Honorare gesichert und seine Haftungsrisiken beschränkt sind.

Der Ansatz von plenovia ist, dass eine Sanierung eine Team-Leistung ist. Nur wenn alle Beteiligten an einem Strang ziehen, kann das Unternehmen wieder nachhaltig auf die Erfolgsspur gebracht werden. Der Erfolg einer Sanierung ist davon abhängig, dass die Krise möglichst frühzeitig erkannt wird.

Und hier kommen Sie ins Spiel: Als treuer Begleiter des Unternehmens schätzen wir es besonders, wenn Sie uns frühzeitig in Prozesse einbinden, damit wir so gemeinsam präventiv Krisen vorbeugen können.